Am Rande der bayerischen Alpen, dort wo die Berge noch flach sind, verbirgt sich in einer alten Autowerkstatt die kleine Schlafsack-Manufaktur von Grüezi bag. Markus Wiesböck, der Entwickler und Schlafsackdesigner, hatte vor ein paar Jahren die Idee, Schlafsäcke mit Wolle oder mit Wolle und Daune zu füllen. Da er selbst lange einen Outdoor-Laden betrieben hat, hörte er immer wieder von seinen Kunden, dass sie nach einer Nacht im Schlafsack schweißgebadet oder ausgekühlt aufwachten. So überlegte Wiesböck lange, welche Materialien dies verhindern könnten. Ein altes Schafwollfell gab ihm die Antwort. Schafwolle kühlt im Sommer und wärmt im Winter. Das liegt daran, dass Wolle sehr viel Feuchtigkeit aufnehmen kann, es entsteht ein gutes Schlafklima. Denn nur wo es trocken ist, fühlt man sich wohl.
Naturprodukte Wolle und Daune
Um die Schlafsäcke noch besser zu isolieren, hat Wiesböck in einem mechanischen Verfahren Daune und Wolle verbunden, so entstand DownWool! Und es zeigt sich, dass Wiesböck Recht hatte. Immer mehr Menschen wachen nach einer Nacht im Grüezi bag morgens erholt auf, weil sie das gute Klima am eigenen Leib erfahren haben. Die Woll-Füllung ist ein reines Naturprodukt, das aus den Alpen kommt.
Eine Reise durch die Welt der Stoffe
Schlafsäcke sind nun mal Produkte, die hauptsächlich draußen, am Berg, bei einer Fahrradtour, beim Camping oder beim Schlafen in der freien Natur eingesetzt werden. Das heißt, dass die Füllung von robusten Stoffen umhüllt werden muss. Und genau hier, beginnt unsere Reise durch die große Welt der Stoffe, ihrer Zusammensetzung und deren Nachhaltigkeit.
Dieser Artikel ist exemplarisch für viele Firmen in der Outdoorbranche, die versuchen, den Forderungen ihrer Kunden gerecht zu werden und gleichzeitig ihren eigenen ökologischen Ansprüchen gerecht werden möchten.
Grüezi bag ist, wie schon beschrieben, was die Füllungen der Schlafsäcke betrifft, einzigartig nachhaltig. Wolle ist ein erneuerbarer und nachwachsender Rohstoff. Daune ist ein Naturprodukt, das nach Schlachtung der Gänse oder Enten ein „Abfallprodukt“ ist. Beide Materialien können rückstandslos verrotten. Außerdem lässt Grüezi bag ständig prüfen, ob das Wohl der Schafe, Enten und Gänse gesichert ist.
Anforderungen an den Stoff
Was jedoch ist mit den Innen- und Außenstoffen, die Grüezi bag verwendet? Die Anforderungen sind hoch: die Stoffe müssen atmungsaktiv, leicht, strapazierfähig, saugfähig, wärmend oder kühlend, selbstreinigend, schmutzabweisend, reißfest, formbeständig, anschmiegsam, robust, reißfest, schweißecht, schwer entflammbar, abriebsicher, wasserabweisend, geruchsecht, die Nahtschiebefestigkeit muss gewährleistet sein, isolierend, meerwasserecht, einlaufsicher, winddicht, antiallergen, farbstoffecht – und dabei, das ist dem Outdoorler sehr wichtig, super leicht sein! Man könnte die Liste ohne weiteres noch erweitern…
Die meisten Anforderungen gleichzeitig erfüllen derzeit die synthetischen Materialien Nylon und Polyester. Bei hochfunktionellen Kleidungsstücken finden sich kaum Alternativen.
Gleichzeitig sollten heutzutage alle Materialien nachhaltig sein. Tja, und nun kommt man ins Philosophieren und Nachdenken!
Siegel über Siegel
Ist ein Stoff nachhaltig nur weil er eine Auszeichnung aus dem Dschungel der vielen Zertifizierungen hat? Da gibt es zahllose: GOTS, OEKO-TEX, IVN Best Naturtextil, der Blaue Engel, bluesign, Cradle to Cradle, EU-Ecolabel, Made in Green, Global Recycled Standard und jetzt gerade ganz neu auf dem „Markt“ der Grüne Knopf. Abgesehen davon gibt es viele Siegel, die lediglich nur einen Bestandteil des Textils zertifizieren wie z.B. RDS bei der Daune oder RWS für Wolle. Beachtet man auch noch die von vielen Herstellern selbst kreierten Auszeichnungen, die gottseidank bisweilen ihre eigenen Maßstäbe sehr hoch setzten, ist es für den Verbraucher, jedoch auch für einen Hersteller sehr schwierig zu entscheiden, welcher Institution man vertraut und die doch nicht unerheblich hohen Gebühren bezahlt, damit der Verbraucher sich sicher fühlt.
Grüezi bag hat sich für OEKO-TEX entschieden, wobei jedes Produkt einzeln getestet wird. Die Daune kommt von Enten und Gänsen, die durch das RDS-Siegel geschützt sind. Der RDS ist ein auf freiwilliger Basis, unabhängiger, global gültiger Standard für Daunen, der besonderen Wert auf Tierschutz legt. Die Kriterien beinhalten die Sorgfalt zur Nahrungs- und Wasserqualität, aber auch zur Möglichkeit des freien Auslaufes sowie zur Tiergesundheit und -hygiene. Außerdem ist es selbstverständlich, dass die Tiere nicht gestopft werden dürfen.
Die Wolle stammt übrigens ausnahmslos von heimischen Schafen aus dem Alpenraum. Auch Grüezi bag hat ein eigenes Label, jedoch versteht sich dies nur zur Kennzeichnung der Produkte, die ausnahmslos ohne PFC auskommen.
Auf der Suche nach geeigneten Stoffen für Schlafsäcke hat man die Qual der Wahl, besonders dann, wenn es um Nachhaltigkeit geht!
Ein Schlafsack aus 100% Natur
Sind Naturfasern zum Beispiel wirklich ökologisch? Grüezi bag hatte es sich 2018 zur Aufgabe gestellt, einen Schlafsack aus 100% Naturmaterialien herzustellen. Das ist mit dem Biopiod DownWool Nature auch geglückt und wurde sogleich auf der ISPO 2019 mit dem „Product of the Year“ ausgezeichnet. Von der Verpackung bis zum letzten (Olivenholz-)Knopf besteht das kleine Naturwunder aus Naturfasern. Der Schlafsack ist mit DownWool gefüllt und die Hülle besteht aus robuster Baumwolle.
Aber ist Baumwolle tatsächlich ökologisch? Baumwolle wächst, wie wir wissen, nicht hier bei uns vor der Haustüre, sondern in tropisch-subtropischen Regionen. Der Wasserfußabdruck ist mit 11.000 Liter pro Kilogramm Baumwolle sehr, sehr groß. 2015 wurden knapp 75% der weltweit angebauten Baumwolle aus gentechnisch verändertem Saatgut gezogen. Erfreulicherweise gibt es aber immer mehr Bio-Baumwolle im Handel. Neben der Vermeidung von Pestiziden, Dünger und Entlaubungsmittel wird darauf geachtet, dass es keine Dumpingpreise auf Kosten Anderer, nämlich der Menschen auf den Baumwollfeldern, gibt. Doch auch wenn man sich für Bio-Baumwolle entscheidet, muss man die langen Transportwege und die dadurch gegebene Umweltbelastung in Kauf nehmen. Und nicht zuletzt ist Baumwolle sehr schwer, so verwendet Grüezi bag sie für Schlafsäcke, die im Camping-Bereich eingesetzt werden.
Eine Alternative zu Polyester
Ein anderes Naturmaterial ist Mais. Hier gibt es viel versprechende Entwicklungen, die, weil die Stoffe extrem reißfest sind, sich hervorragend für den Outdoorbereich eignen. Als Grüezi bag Textilien auf Maisbasis in Betracht zog, stellten sich die Mitarbeiter sofort die Frage, ob es ethisch zu vertreten sei, ein Lebensmittel zur Herstellung von
Schlafsäcken zu missbrauchen. Glücklicherweise werden zur Herstellung nur die Stängel, also ein Abfallprodukt bei der Lebensmittelproduktion von Mais, verwendet. Aus den Stängeln wird Maisstärke gewonnen, diese wird in einem Prozess wie dem von Joghurt fermentiert. Das Produkt wird dabei in ein Polymer verwandelt, das sogenannte PLA. PLA verhält sich chemisch wie Polyester und ist somit eine gute Alternative dazu. Denn Polyester erzeugt im Vergleich zu anderen Fasern deutlich mehr Co2. PLA verbraucht 75% weniger Treibhausgase als normales Polyester. Wie sich das neue „Bio-Polyester“ auf der Haut verhält, ob es wasserdurchlässig ist und so die Feuchtigkeit an die Wolle abgeben kann, testet Grüezi bag gerade in seinem Schlaflabor. Denn das Besondere an den Schlafsäcken von Grüezi bag ist das hervorragende Schlafklima, das durch die Wolle erreicht wird. Kann die Feuchtigkeit jedoch nicht zur Wolle gelangen, da ein wasserdichter Stoff dazwischen liegt, würde der geniale klimaausgleichende Transport nicht funktionieren.
Schätze, die uns die Natur zur Verfügung stellt
Außer den Naturmaterialien, wie z.B. Leinen, Seide, Nessel, Hanf, Baumwolle und … gibt es auch ganz neue Fasern aus Naturmaterialien wie Milch, Bananenfasern, Holz oder Rhizinusöl. Aber wenden wir uns den synthetischen Stoffen zu, die aus recyceltem Material bestehen. Gerade scheinen die großen Bekleidungsshops voll zu sein, von Textilien, die aus recyceltem Meeresschutt produziert wurden. Eine gute Idee! Aber auch hier steckt der Teufel im Detail.
Denn die Polymere werden durch die fehlende Sortenreinheit im Grunde genommen downgecycelt, was für Grüezi bag als Hersteller hochwertiger Schlafsäcke bedeutet, dass die Qualität, gerade in Bezug auf die Reißfestigkeit bei vielen dieser Stoffe zu wünschen übrig läßt. Oft müssen die Stoffe deshalb deutlich stärker, und damit auch schwerer sein, was von den Kunden im Outdoor-Bereich nicht gerne (mit-)getragen wird. Doch auch hier wird viel geforscht und jedes Jahr gibt es auf den Stoffmessen neue vielversprechende Herstellungsprozesse.
Wo wir gerade die recycelten Stoffe beleuchtet haben, gehen wir gleich einen Schritt weiter: was passiert, wenn die Schlafsäcke nach Ende ihrer doch sehr langen Lebensdauer, bei Schlafsäcken rechnet man mit ca. 20 Jahren, entsorgt werden müssen? Prinzipiell verrotten alle Stoffe rückstandslos, auch Kunststoffe, die ja großteils nichts anderes sind als Kohlenstoff. Hier kommt es lediglich auf die Dauer an. Wir können unseren Kindern und Enkeln keinen Müll hinterlassen, der in 200 Jahren noch auf der Müllhalde zu sehen ist. Grüezi bag hat zusammen mit Stoff-, Farb- und Reißverschlussherstellern einen Schlafsack, den Biopod DownWool Ice CompostAble, entwickelt, der unter industrieller Kompostierung innerhalb von 200 Tagen zerfällt und als Mutterboden übrig bleibt.
Das Beste jedoch, was eine Firma wie Grüezi bag für Nachhaltigkeit tun kann, ist, hochwertige Produkte herzustellen, deren Nutzungsphase extrem lang ist und die zusätzlich gut repariert werden können. Hier bietet Grüezi bag einen großzügigen Service an.
Auf der Suche nach hervorragender Qualität muss manchmal ein andere Möglichkeit gefunden werden. So führt der Weg nach China, da dort qualitativ deutlich hochwertiger genäht wird. Die chinesischen Produzenten wissen, wie man die dünnen Stoffe so näht, dass sie die Daunen und auch die Wolle an den Nähten nicht durchlassen. Die Nähte in einem Grüezi bag-Schlafsack messen durchschnittlich weit über 100 m.
Verglichen mit anderen Kleidungsstücken sind sie sehr lang, was einen nicht unerheblichen Kostenfaktor ausmacht. Grüezi bag würde sehr gerne in Europa fertigen. Die Resultate, die hier erlangt werden, sind jedoch mit dem Gedanken, möglichst hochwertige Produkte anzubieten, und damit deren Lebensdauer zu verlängern, nicht vereinbar. Selbst dann, wenn die Ausgaben steigen würden, da die Lohnkosten in Europa, wie wir wissen, höher sind, würde Grüezi bag lieber hier fertigen, um so die Umwelt durch den Transport nicht zu belasten.
Grüezi bag kennt seine Kunden. Sie sind Naturliebhaber mit einem guten Grundverständnis für Nachhaltigkeit und Ökologie. Denn eines ist sicher, der Endverbraucher, der die Umwelt schonen möchte, ist bereit, dafür auch mehr zu zahlen.
Grüezi bag geht es nicht darum, Missstände aufzuzeigen, oder gar zu resignieren, sondern Lösungen zu finden, die sich vielleicht immer weiter in der Textil- und Outdoorindustrie durchsetzen. Dass dies kein einfacher Weg ist, wollte die Autorin am Beispiel von der Suche nach dem richtigen Stoff zeigen. Grüezi bag freut sich übrigens immer über gute Ideen und Tipps und geht, das Ziel vor Augen, weiter auf dem Weg, um nicht nur ein gutes Schlafklima zu bieten, sondern auch das Weltklima wieder lebenswert zu machen.