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Fluffig und unverwüstbar: so entsteht der Pistenschnee in Carezza

Kunstschnee kontra Naturschnee? Schon lange liegt in den Skigebieten, vor allem am Alpensüdrand fast ausschließlich „technischer Schnee“. Wir waren in Carezza mit einem der Beschneiungs-Pioniere unterwegs und haben uns von Georg Eisath erklären lassen, wie man einen schön fluffigen und doch unverwüstlichen Pistenschnee produziert.

Was hab ich nicht alles schon gehört und gelesen über die künstliche Erzeugung von Schnee und ihre Auswirkungen für die Umwelt, für den Tourismus und überhaupt. Heute sitze ich im Lift mit Georg Eisath und nutze die Zeit im schön nostalgischen Laurin-Zweiersessellift hinauf bis zur Kölner Hütte und zur Laurins Lounge unterhalb des beeindruckenden Rosengarten-Felsmassivs. 13 Minuten dauert die Fahrt mit dem Lift.  Zeit genug also, Georg Eisath mal zu fragen, warum ich Kunstschnee oft als eisige oder im Frühjahr schleimige Pampe erlebe, hier in Carezza Dolomites aber die Piste auch nachmittags um halb vier noch (fast) so ist wie am Vormittag.

Eisath war der Gründer von Techno Alpin, jenem Unternehmen, dessen gelbe Schneekanonen und -lanzen wir alle gut von unseren Skitagen kennen. Vor gut 10 Jahren ist er bei Techno Alpin aus- und in seinem Heimatskigebiet eingestiegen und hat inzwischen die gut 40 Pistenkilometer mit insgesamt 13 Sesselliften, Gondeln und Schleppern (selbst einige Tellerlifte gibt es noch!) nach und nach modernisiert. Unter anderem ist dabei eine Gondelbahn hinunter nach Welschnofen neu entstanden, mit dem Neubau des Laurin-Sessellifts als Gondelbahn hinauf zum höchsten Punkt des Skigebiets auf gut 2300 m und einer im Berg versenkten Bergstation stehen die nächsten Arbeiten in der Sommersaison bereits vor der Tür.

13 Minuten Zeit im alten Laurin-Lift für Fragen. Inzwischen ist man Teil des Klimaneutralitätsbündnisses 2025, über das wir hier berichtet haben. 30 Prozent Treibstoff und 25 Prozent Strom haben sie in Carezza bereits eingespart, seitdem Carezza 2011 „alpines Klimaskigebiet“ wurde. Akribisch wurde die Pistenpräparation optimiert, sowohl im Hinblick auf den Energieverbrauch, als auch auf das Endprodukt, den fluffigen „technischen“ Schnee. Nun steht dort eine Schneekanone, wo aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren eher eine Schneekanone als eine Lanze stehen sollte. Und sie produziert zum Saisonstart genau die Menge Schnee, die dafür ausreicht, bei besten Pistenbedingungen bis zum Saisonende Anfang April zu reichen. Die Pumpen wurden optimiert, die Speicherteiche wurden dort angelegt, wo das Wasser natürlich in den Sommermonaten zufließen kann und wirklich nur zum Transport an die Schneekanone Energie aufgewendet werden muss. Und die Pistenraupenrouten werden detailliert vorgegeben und per GPS gecheckt: Idealerweise wird jedes Stück Piste nur einmal je Schicht bearbeitet, das dann aber so professionell wie möglich. Die Schneetiefenmessung sorgt dafür, dass der Raupenfahrer genau dort den Schnee hinplatzieren kann, wo der Wind am meisten bläst, der Hang am meisten zur Sonne exponiert ist oder die Skifahrer die Kurven am meisten schneiden. Und die Pisten sind immer durch zwei teilbar: Keine Pistenraupe soll während der Schicht auch nur eine einzige Leerfahrt machen müssen.

Wenn der Georg Eisath mit Techno Alpin die künstliche Schneeerzeugung revolutioniert hat, dann wird das Skigebiet Carezza sicherlich von seiner Erfahrung und seinem Gefühl profitieren, oder? „Nix Gefühl„, sagt er, „unsere gesamte Schneeproduktion läuft über eine vollautomatische Steuerung„. Es sitzt also niemand am PC und überlegt, wo man noch ein bisschen nachschneien könnte. Künstliche Intelligenz statt Pi-mal-daumen!

Das Schneemachen ist auch eine Sache von Erfahrungswerten aus den Vorjahren. Jahr für Jahr werden etwa 600.000 Kubikmeter Schnee produziert. Anders ausgedrückt: Auf jedem der 100 Hektar Pistenfläche liegt gut ein halber Meter Schnee, statistisch gesehen zumindest. Idealerweise wird dieser Schnee in einem Kältefenster vor Saisonstart im November produziert, und idealerweise bei satten Minustemperaturen. Bei minus 10 Grad Celcius lässt sich mit dem gleichen Energiebedarf doppelt soviel Schnee wie bei minus 3 Grad produzieren.  „Man muss nur auf das Kältefenster warten können, aber bisher ist noch immer eines gekommen!“, grinst Eisath. Bis zur Bergstation ist noch ein bisschen Zeit für Zahlen: 250 Schneeerzeuger, wie die Lanzen und Kanonen im Experten-Sprech heißen, sind am Start, sie machen aus 240.000 Kubikmetern Bergwasser 600.000 Kubikmeter Schnee von der richtigen Güte. Und wenn es drei Tage ununterbrochen kalt ist, dann haben Eisaths Schneemaschinen soviel Schnee erzeugt, dass es für den ganzen Winter reicht. Aus Qualitätsgründen wird noch einmal nachbeschneit – und ab Weihnachten blieben die Schneeerzeuger normalerweise aus, wenn nicht punktuell noch einmal an neuralgischen Stellen beschneit werden muss. Im Zusammenspiel aus der Erzeugung des Schnees und dessen täglicher Bearbeitung mit den Pistenraupen entsteht dann das, was ich als „fluffigen Schnee“ bezeichne. Georg Eisath sagt „Marmor“ dazu. Auch passend 😉

Wir landen mit dem Lift an der Kölner Hütte auf 2.337 m – und lassen uns aus dem Zweiersessel auf den Vorplatz von Laurins Lounge katapultieren. Espresso oder fahren? Zwei wunderbar präparierte schwarze Pisten liegen vor uns. Die Entscheidung ist schnell getroffen!

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